Den Anfang unserer Veganuary Portraitrunde macht Dan, der als Geschäftsführer seit der Eröffnung unseres tibits im Basler Gundeli-Quartier fester Bestandteil der tibits Familie geworden ist. Doch anders als vermutet war es nicht die Arbeit in einem vegetarisch-veganen Restaurant, das für ihn den Ausschlag gegeben hat, sich pflanzlich zu ernähren.
Begonnen hat alles bereits vor vier Jahren, davor war Dan einer jener Fleischesser, die sich nicht im Traum vorstellen können, jemals Vegetarier – geschweige denn Veganer – zu werden. Er wuchs in einer Familie auf, in der viel Fleisch konsumiert wurde. Wenn doch mal Gemüse auf den Tisch kam, hat man die Nase gerümpft. Doch nicht nur der Genuss von tierischen Produkten wurde grossgeschrieben: Dans Onkel war einer der ersten, die Fleisch aus Argentinien importiert hatten.
Während er sich früher noch fleissig über die ach so bleichen und kränklichen Vegetarier lustig gemacht hat, verging ihm selbst mehr und mehr die Lust auf rotes Fleisch. Poulet und Meeresfrüchte gehörten damals aber nach wie vor zu seinen Lieblingsgerichten – heute kann er sich das kaum noch vorstellen.
Der erste Schritt – der Wechsel vom Fleischtiger zum Vegetarier – gründete schliesslich auch weniger auf ethischen oder moralischen Fragen, sondern vielmehr auf sportlichen Gründen. Aus purem Jux sagte er einem Kollegen zu, mit ihm gemeinsam einen Halbmarathon zu rennen. Aus dieser ersten Challenge, die er mehr schlecht als recht hinter sich brachte, wurde ein Hobby, das heute nicht mehr aus Dans Leben wegzudenken wäre. Während er in jüngeren Jahren fleissig geraucht, getrunken und allerlei Junk Food genossen hatte, kam mit dem Sport auch plötzlich der Augenblick des Hinterfragens. Nachdem er aus Krankheitsgründen schliesslich zwei Wochen auf seine Zigaretten verzichten musste und anschliessend bemerkte, wie viel leichter ihm sein Training fiel, gab es kein Zurück mehr.
Auf dem richtigen Weg
Mit diesem Motivationsschub entschloss er sich vor drei Jahren, seinen ersten kompletten Marathon in Zürich zu rennen. Um sich möglichst sinnvoll darauf vorzubereiten, sprach er mit einem befreundeten Athleten über dessen Training und damit verbunden auch über die richtige Ernährung. Dieser gab ihm den Tipp, drei Tage vor dem Wettkampf kein Fleisch mehr zu essen, da dies einen positiven Effekt auf sein Ergebnis haben würde.
Aus diesen drei Tagen wurde schliesslich ein kompletter Verzicht – nicht zuletzt auch, weil die Lust auf Fleisch kontinuierlich weniger geworden war und er es auch als eine Art Selbsttest sah. Schliesslich verlief das Training rein vegetarisch. Sein Schlaf und seine Verdauung besserten sich innert kürzester Zeit enorm, er fühlte sich besser und gesünder.
Für sein Umfeld war die Umstellung ein Riesending. Zum einen machten sich die Freunde Sorgen um ihn, da sie den plötzlichen Wandel nicht nachvollziehen konnten, zum anderen waren sie aber auch neugierig, was ihn dazu bewogen hatte. Da Dan schon immer jemand war, der solche Veränderungen gerne thematisiert und auch mit seinen Mitmenschen teilt, sprach er gern darüber, klärte auf und versuchte Vorurteile zu bekämpfen. Keinesfalls wollte er aber militant oder missionarisch wirken, was Vegetariern und besonders Veganern ja gerne vorgeworfen wird. Ganz so einfach ist das aber nicht mal, musste er feststellen, da man oft direkt nach seinen persönlichen Gründen für die Veränderung gefragt wird.
Neben dem Laufen hat ihn schliesslich aber auch einer seiner liebsten deutschen Philosophen, Richard David Precht, davon überzeugt, dass er auf dem richtigen Weg war. Zu den physischen und gesundheitlichen Gründen kamen nun doch auch nach und nach die ethischen hinzu. Bald wurde ihm auch klar, dass er früher die Zusammenhänge einfach nicht gesehen hat oder auch einfach nicht sehen wollte. Viele Kontroversen, mit denen er zuvor gelebt hatte, sah er auf einmal deutlich vor sich. Es mache einfach keinen Sinn, wenn man aufschreit, wenn ein Hund getreten wird oder jemand eine Fliege totschlägt und sich gleichzeitig an einem Teller voller Fleisch genüsslich tut. Insbesondere die Massentierhaltung war in keinster Weise mehr tragbar für ihn – wenn man einmal hinter diese Prozesse geblickt habe, könne man sich einfach nicht mehr blind stellen.
Alles ist eins
Als nun auch die moralischen Bedenken hinzukamen, wurde Dan schnell klar, dass es wohl nicht beim Vegetarismus enden würde. Auch sagt er selbst, dass er dazu neige, stets ins Extreme zu fallen, alles müsse immer schwarz oder weiss sein für ihn. Halbherzige Kompromisse hätten hier nur wenig Platz. Wie viele andere hing er aber nach wie vor - aus reiner Gewohnheit wie er heute weiss - an gewissen tierischen Produkten wie etwa dem Käse. Erneut war es der Sport, der ihn am Ende vollständig überzeugte. Als der Film «The Game Changers» in die Kinos kam, empfand er diesen zwar einerseits als zu extrem, andererseits konnte er sich gut damit identifizieren und wollte den Versuch wagen – nur schon um zu sehen, ob die veganen Spitzensportler tatsächlich die Wahrheit sagten.
Das Training für den nächsten Zürcher Marathon diesen April absolviert Dan nun bereits komplett vegan. Die Veränderung sind nicht zu übersehen: Während er früher beim Trainingsstart immer unter starkem Muskelkater litt, blieb dieser diesmal ganz aus. Seine Freundin, die in der Zellforschung arbeitet, ist ihm ebenfalls eine grosse Hilfe bei der Umstellung. Zu Beginn befreite sie ihn vor allem endlich von dem Irrglauben, dass Tiere unsere einzige Proteinquelle wären - Pflanzen dienen mindestens ebenso gut dazu. Damit er die laufenden physischen Veränderungen aber noch besser nachvollziehen kann, hat er ausserdem Kontakt mit einem Arzt aufgenommen, der regelmässig seine Blutwerte kontrolliert und ihn beim Ernährungswechsel unterstützt. Das Erstaunliche ist, dass die Umstellung noch schneller geschah als zuvor vom Fleischliebhaber zum Vegetarier: Bereits nach wenigen Tagen konnte er sich schon nicht mehr vorstellen, sich jemals anders ernährt zu haben. Auch Eier oder Käse fehlen ihm gar nicht. Er vergleicht den Prozess mit einem bewussten Rauchstopp: Wenn das Hirn erstmal umgestellt und die Entscheidung getroffen hat, klappt es auch ganz ohne Zwang. Und auch wenn Dan eher durch den Sport zum Veganismus gekommen ist, sind es nun vor allem auch die ethischen Gründe, die ihn überzeugen.
Zusammen mit dem Veganismus kam aber auch ein allgemeines Bewusstsein für unsere Ernährung: Heute verzichtet er nicht nur auf tierische Produkte, sondern meidet auch jegliche Form von
processed food oder Lebensmittel mit entzündungsfördernden Inhaltsstoffen – dazu gehört auch sein zuvor innig geliebtes Cola Zero. Dafür kennt er nun mehr Gemüsesorten als je zuvor.
Doch nicht nur ernährungstechnisch hat sich viel verändert in Dans Leben. Die bewusste Entscheidung anderen Lebewesen kein unnötiges Leid mehr zufügen zu wollen, spiegelt sich auch in seinem Umgang mit Mitmenschen wieder. Früher war er - nach eigenen Angaben - eher auf sich bedacht, verstand sich zwar gut mit seinen Freunden, erkannte aber nicht immer, was diese gerade brauchten. Heute achtet er auf sein Umfeld, hört zu und versucht da zu sein.